Seleção – die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft

Der fünfmalige Weltmeister Brasilien gehört zu den besten Fußballmannschaften der Welt. Die Seleção dominierte über viele Jahre den Fußball, doch zuletzt blieben die großen Erfolge aus. Die WM 2014 im eigenen Land endete sogar in einer nationalen Tragödie.
Nationalmannschaft Brasilien
Die Seleção beim Confed-Cup 2013 ( Danilo Borges/Portal da Copa (CC BY 3.0 BR) )

Rekordweltmeister Brasilien

Spiele der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft sind ein weltweites Ereignis. Lange Zeit galten die Kicker vom Zuckerhut als die besten der Welt. Vor allem die feine Technik der Seleção ließ jedes Fan-Herz höher schlagen. Und so wurde nicht nur Titel um Titel eingespielt, sondern dabei auch noch der schönste Fußball gespielt. Doch das scheint in einer längst vergangenen Epoche zu liegen. Waren es vor allem die Spanier, die in den letzten Jahren dem Fußball ihren Stempel aufdrückten. Sogar die einst technisch eher mittelmäßig begabte deutsche Auswahl bot streckenweise besseren Fußball als die Brasilianer.

Was sich im Halbfinale gegen Deutschland bei der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land abspielte, wird sich ins Gedächtnis ganzer Generationen einbrennen. Das 1:7 markierte den absoluten Tiefpunkt des brasilianischen Fußballs und wird nur schwer zu reparieren sein. Doch beginnen wir der Reihe nach.

Die ersten Erfolge der Seleção

Das erste offizielle Länderspiel Brasiliens fand am 20. September 1914 in Buenos Aires gegen Argentinien. Die 0:3-Niederlage sollte die erste von vielen Schlachten gegen den Erzrivalen sein. Damals trat die Seleção noch in blütenweißen Trikots an. Erst nach der bitteren Niederlage bei der Heim-WM 1950 gegen Uruguay wurde diese durch die heute berühmten gelben Hemden und den blauen Hosen ausgetauscht.

Den ersten großen Titel holte Brasilien bei der Südamerikameisterschaft (Copa América) 1919 im eigenen Land. 1922 konnte das Kunststück wiederholt werden, doch es blieb über viele Jahre der letzte große Erfolg.

In den 1920er Jahren wurde die Entwicklung des brasilianischen Fußballs durch Rassismus und einer ungesunden Rivalität zwischen den Fußballverbänden der Bundesstaaten Rio de Janeiro und São Paulo gebremst. Bei der WM 1930 in Uruguay nahmen nur Spieler aus Rio teil und Brasilien schied schon nach der Vorrunde aus.

1934 verlor man in Italien im Achtelfinale gegen Italien. Der erste Achtungserfolg gelang 1938 bei der WM in Frankreich. Nach Siegen gegen Polen und die Tschechoslowakei verlor die Seleção erst im Halbfinale gegen Italien. Das Spiel um Platz drei gewann Brasilien 4:2 gegen Schweden. Leônidas wurde mit sieben Treffern bester Torschütze und zum ersten Weltstar aus Brasilien.

Der Schock von Maracanã

1950 war dann alles angerichtet für den ersten WM-Titel der Brasilianer. Als haushoher Favorit startete man ins Turnierm nur die Engländer schienen ernsthafte Konkurrenten zu sein. Gespielt wurde übrigens in sechs Städten (Rio de Janeiro, São Paulo, Recife, Curitiba, Porte Alegre und Belo Horizonte).

Die Seleção trat in allen Spielen im nagelneuen, aber noch nicht ganz fertiggestellten, Maracanã-Stadion an. Über 200.000 sollten Zeuge der wohl bis heute schmerzlichsten Niederlage der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft werden.

Die Vorrunde überstand Brasilien mit zwei Siegen und einem Unentschieden problemlos. Da es bei diesem Turnier keine K.o.-Runde gab, ging es mit einer Finalrunde, bestehend aus Brasilien, Spanien, Uruguay und Schweden weiter. Nach überzeugenden Siegen gegen Schweden (7:1) und Spanien (6:1), schien der WM-Titel nur noch Formsache.

Am 16. Juli 1950 kam es in Rio de Janeiro zum großen Showdown mit Uruguay. Schon ein Remis hätte den Gastgebern gereicht, doch es folgte der Maracanaço, der »Der Schock von Maracanã«. Trotz 1:0-Führung verlor Brasilien das Spiel mit 1:2 und wurde nur Vize-Weltmeister. Das ganze Land stand unter Schock. Es sollte das letzte Spiel für zwei Jahre sein und das allerletzte in den seitdem verbannten weißen Trikots.

Der erste WM-Titel und die Ära Pelé

Nachdem 1954 bei der WM in der Schweden bereits im Viertelfinale gegen Ungarn Schluss war, betrat bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1958 in Schweden ein damals 17-jähriger die große Bühne des internationalen Fußballs und führte die Seleção mit sechs Toren zum lang ersehnten Weltmeister-Titel. Im Finale besiegte Brasilien Gastgeber Schweden mit 5:2. Pelé schoss zwei Tore und wurde damit endgültig zum großen Star dieser Weltmeisterschaft.

1962 in Chile konnte Brasilien seinen Titel erfolgreich verteidigen. Alle Augen waren auf Pelé gerichtet, doch dieser verletzte sich bereits im zweiten Spiel gegen die Tschechoslowakei und fiel für den Rest des Turnieres aus. So rückten andere Spieler in den Kokus, wie Garrincha, der mit einigen anderen Torschützenkönig wurde. Seit damals konnte kein Land mehr seinen WM-Titel verteidigen.

Vier Jahre später fand die Weltmeiserschaft in England, dem »Mutterland des Fußballs« statt. Die Seleção galt erneut als Mitfavorit, schied aber nach zwei Niederlagen in der Vorrunde (jeweils 1:3 gegen Ungarn und Portugal) bereits sehr früh aus. Vor dem Turnier hatte es in Brasilien viele interne Streitigkeiten gegeben, welche Spieler überhaupt für die WM-Endrunde nominiert werden sollen.

Das nächste WM-Turnier wurde dann der letzte große Auftritt von Pelé. In Mexiko 1970 holten sich die Brasilianer ihren dritten Titel und wurden zum damaligen Rekordweltmeister. Pelé schoss vier Tore, unter anderem das 1:0 im Finale gegen Italien. Es war wohl das beste Turnier, was die Seleção jemals gespielt. Alle Spiele wurden gewonnen und dabei 19 Tore in sechs Spielen erzielt. Pelé streifte sich am 18. Juli 1971 gegen Jugoslawien (2:2) letztmals das gelbe Nationaltrikot über und wurde von 180.000 Zuschauern im Maracanã-Stadion enthusiastisch verabschiedet.

24 Jahre ohne Titel

Bei den nächsten fünf Weltmeisterschafte sollte Brasilien jedes Mal leer ausgehen, obwohl die Seleção eigentlich immer zu den Turnierfavoriten zählte. 1974 bei der WM in Deutschland hatte man nach holprigen Start noch die Möglichkeit ins Endspiel zu gelangen. Doch gegen die bärenstarken Holländer verlor man mit 0:2. Am Ende stand ein vierter Platz zu Buche.

1978 fand die WM beim Erzrivalen Argentinien statt. Erneut spielten die Brasilianer keine gute Vorrunde (1 Sieg, 2 Unentschieden). Das Geschehen in der Finalrunde ist bis heute umstritten. Im letzten Gruppenspiel benötigte Gastgeber einen Sieg gegen Peru mit vier Toren Differenz. Am Ende stand es 6:0 und seitdem gibt es viele Stimmen, die von Manipulation sprechen. Es hält der Verdacht, die argentinische Militärjunta hätte den hohen Sieg mit eventuellen Getreidelieferungen an den peruanischen Staat erkauft. Am Ende wurde Brasilien Dritter und war das einzige Team ohne Niederlage im Turnier.

Bei der WM 1982 in Spanien war die Seleção mit Spielern wie Zico, Falcão, Toninho Cerezo, Éder Aleixo und Sócrates der große Turnierfavorit. In der Vorrunde wurde auch alle drei Spiele bei 10:2 Toren gewonnen. In der zweiten Finalrunde hießen dann die Gegner Argentinien und Italien. Nach einem 3:1-Sieg gegen die Argentinier kam zum Endspiel um den Halbfinaleinzug gegen Italien. Das Spiel wurde knapp mit 2:3 verloren und bedeutete das frühzeitige Aus für Brasilien.

Bei den beiden nächsten Weltmeisterschaften scheiterte die Seleção bereits im Viertelfinale (1986 gegen Frankreich) und im Achtelfinale (1990 gegen Argentinien).

Titel vier und fünf

1994 bei der WM in den USA hatten die Brasilianer endlich wieder Grund zum Jubeln. Mit Romário und Bebeto im Angriff gewann man den vierten WM-Titel. Im Finale gegen Italien gab es dabei zum ersten Mal ein Elfmeterschießen. Vier Jahre später schaffte es die Seleção, trotz eher durchwachsener Leistungen, wieder bis ins Finale, wo man aber deutlich mit 0:3 gegen Frankreich verlor.

Die WM 2002 in Japan und Südkorea war geprägt durch ein regelrechtes »Favoritensterben«. So war es am Ende nicht verwunderlich, dass Brasilien sich den fünften WM-Titel sichern konnte. Im Finale gab es 2:0 gegen Deutschland. Es war das erste Spiel der beiden Nationen bei einer Fußball-Weltmeisterschaft.

Die neue Generation

Nach den enttäuschenden Auftritten bei den Weltmeisterschaften 2006 in Deutschland (0:1 im Viertelfinale gegen Frankreich) und 2010 in Südafrika (1:2 gegen die Niederlande, ebenfalls im Viertelfinale), galt das Augenmerk auf die Heim-WM 2014. Unter anderem sollte das Olympische Fußballturnier 2012 in London als Vorbereitung dienen. Doch anstatt der erhofften Goldmedaille verlor Brasilien das Endspiel gegen Mexiko mit 1:2.

Im Confederations Cup 2013 im eigenen Land bekam die Mission WM-Titel Nummer sechs neue Hoffnung. Im Endspiel besiegte die Seleção Welt- und Europameister Spanien. Im Verlauf des Turnieres gab es zudem Siege gegen Italien, Japan, Mexiko und Uruguay.

Blamage gegen Deutschland

Bei der WM 2014 im eigenen Land gehörte Brasilien selbstverständlich zum Favoritenkreis. In der Vorrunde gab es wenig überzeugende Siege gegen Kroatien und Kamerun. Gegen Mexiko spielte die Seleção nur 0:0. Im Achtelfinale ging es dann gegen die starken Chilenen, die zuvor Weltmeister Spanien ausgeschaltet hatten. Mit Glück und viel Kampf gewann Brasilien nach Elfmeterschießen. Im Viertelfinale zitterte man sich zu einem 2:1 gegen Kolumbien, verlor aber Superstar Neymar, nach einem brutalen Foul, für den Rest des Turniers.

Am 8. Juli 2014 traf die Seleção in Belo Horizonte auf Deutschland. Diesen Tag wird man im fußballbegeisterten Brasilien wahrscheinlich nie wieder vergessen. Bereits zur Halbzeit stand es 0:5, 1:7 nach 90 Minuten. Brasilien wurde im eigenen Land gedemütigt und versank in landesweiter Trauer. Auch eine kleine Wiedergutmachung im Spiel um Platz drei gegen die Niederlande misslang vollkommen. Brasilien verlor mit 0:3 und beendete das WM-Turnier auf einem enttäuschenden vierten Platz.

Historisches Scheitern bei der Copa

Sowohl die Copa América 2015 in Chile als auch die Copa América Centenario in den USA, das Jubiläumsturnier anlässlich des 100-jährigen Bestehens des südamerikanischen Fußballverbandes CONMEBOL, endeten für Brasilien im Debakel. 2015 verlor man im Viertelfinale im Elfmeterschießen gegen Paraguay. Ein Jahr später war bereits in der Vorrunde Schluss und das in einer Gruppe mit Ecuador, Peru und Haiti!

Als Trost für die brasilianische Fußball-Seele gewann die Olympia-Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio die Goldmedaille.

Erneute Enttäuschung bei der WM in Russland

Nachdem mit der Goldmedaille bei Olympia in Rio die Zuversicht in Brasilien wieder etwas gestiegen war, enttäuschte die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland erneut und schied im Viertelfinale durch eine 1:2-Niederlage gegen Belgien erneut sehr früh aus.

Erster Titel seit 2007

Bei der Copa América 2019 im eigenen Land konnte Brasilien mal wieder einen wichtigen Titel feiern. Nach Siegen gegen Bolivien (3:0) und Peru (5:0) sowie einem 0:0 gegen Venezuela, musste man im Viertelfinale gegen Paraguay ordentlich zittern. Am Ende konnten sich die Brasilianer mit 4:3 im Elfmeterschießen durchsetzen.

Im Halbfinale ging es dann in Belo Horizonte gegen den Erzrivalen aus Argentinien. Durch Tore von Gabriel Jesus und Roberto Firmino gelang Brasilien der erste Finaleinzug seit 2007. Gegner im Endspiel war das Überraschungsteam aus Peru, das im Halbfinale mit 3:0 gegen Chile gewonnen hatte. Vor 69.968 Zuschauen im Estádio do Maracanã in Rio de Janeiro gelang Brasilien ein 3:1-Sieg und der erste Titelgewinn bei der Copa América seit 12 Jahren.

Auch die Copa 2021 wurde in Brasilien ausgetragen. Mit Siegen gegen Venezuela (3:0), Peru (4:0) und Kolumbien (2:1) sowie einem Unentschieden gegen Ecuador (1:1) erreichte die Seleção souverän die K.-o.-Phase. Durch zwei knappe 1:0-Siege im Viertel- und Halbfinale gegen Chile und Peru stand der Titelverteidiger Brasilien erneut im Finale. Im Maracanã wartete Erzrivale Argentinien. Nur 7.800 Zuschauer waren wegen der Corona-Pandemie zugelassen und sahen einen knappen 1:0-Erfolg der Argentinier.

Die nächste Copa findet vom 10. Juni bis 12. Juli 2024 wahrscheinlich in Ecuador statt.

Titelfavorit bei der WM 2022 in Katar

Bei der Winter-WM im Wüstenstaat Katar (20. November bis 18. Dezember 2022) geht Brasilien mal wieder als einer der Topfavoriten ins Turnier. Die Vorrundengruppe ist dabei fast identisch zu der von der letzten Weltmeisterschaft. In der Gruppe geht es gegen die bekannten Gegner Serbien und Schweiz sowie gegen Kamerun aus Afrika.

Im ersten Spiel gelang der Seleção ein souveräner 2:0-Sieg gegen das serbische Team. Beide Tore erzielte Richarlison von Tottenham Hotspurs. Im zweiten Gruppenspiel kam es zum Aufeinandertreffen mit der Schweiz. In einem Spiel mit nur wenigen Torchancen siegten die Brasilianer durch ein Tor von Casemiro (83.) mit 1:0. Mit dem zweiten Sieg im zweiten Spiel konnte sich Brasilien bereits vorzeitig für das Achtelfinale qualifizieren.

Zum Abschluss der Vorrunde wartet am 2. Dezember das Team aus Kamerun.

Brasiliens WM Kader 2022

Tor: Alisson (FC Liverpool), Ederson (Manchester City), Wéverton (SE Palmeiras São Paulo)

Abwehr: Alex Sandro (Juventus Turin), Alex Telles (Sevilla), Bremer (Juventus Turin), Dani Alves (UNAM), Danilo (Juventus Turin), Éder Militão (Real Madrid), Marquinhos (Paris Saint-Germain), Thiago Silva (Chelsea)

Mittelfeld: Casemiro (Manchester United), Bruno Guimarães (Newcastle United), Everton Ribeiro (Flamengo), Fabinho (FC Liverpool), Fred (Manchester United), Lucas Paquetá (West Ham United)

Angriff: Antony (Manchester United), Gabriel Jesus (FC Arsenal), Gabriel Martinelli (FC Arsenal), Neymar (Paris St. Germain), Pedro (Flamengo), Raphinha (FC Barcelona), Richarlison (Tottenham Hotspur), Rodrygo (Real Madrid), Vinícius Jr. (Real Madrid)